Ansprechen!

„Ich würde ja zu gerne mal erfahren was in den Köpfen der Männer so vorgeht, wenn sie eine Frau ansprechen oder eine Frau kennen lernen wollen?“, fragte mich letztlich eine sehr gute Freundin. Sie ist seit geraumer Zeit wieder Single und wird eigentlich immer von den „Falschen“ angesprochen, so findet sie.

„Und ein paar lächeln mich an, wirken sehr nett, aber tun einfach nichts, ich meine, ich kann sie als Frau doch nicht ansprechen, oder? Was soll ich tun, außer zurück zu lächeln“, fragte meine Freundin weiter und schlürfte an ihrem Kakao. „Was würdest Du tun, wenn Dich eine Frau anspräche, würdest Du das nicht komisch finden? Das ist doch wohl ganz klar eure Aufgabe!“, fuhr sie weiter fort. - Tja, was sollte ich dazu sagen. Grundsätzlich finde ich es immer gut, wenn Frauen Initiative zeigen und Männer ansprechen. Ich finde es weder komisch, noch falsch. Von einer Bekannten erfuhr ich, dass sie grundsätzlich Angst hat, von Männern angesprochen zu werden und sich dieser Situationen versucht, immer schnell zu entziehen. Dabei sucht sie einen Mann und bedauert ihr verhängnisvolles Verhalten zutiefst.

Was in den Köpfen der Männer vorgeht ist natürlich einzelfallabhängig, und so konnte ich ihr am besten von meinem eigenen „aktuellen Problem“ erzählen:

In der Nähe meiner Wohnung ist eine Kaffeebar zu der ich weiter keinen Bezug hatte, als dort gelegentlich Kaffe und Zeitungen zu konsumieren. Bis zu dem einen Tag, an dem SIE dort war. Sie schwebte hinter dem Tresen und kassierte gerade Geld für einen Kaffee, als ich den Laden betrat. Sie strahlte mich an und sagte einfach nur „Hallo“, das war’s. Ein wunderbares Strahlen und eine wunderschöne Stimme. Und zum ersten Mal seit langer Zeit war da mehr als nur einfach nett, hübsch, sympathisch. Es war dieses nicht in Worte zu fassende, seltene, schöne, aufwühlende Gefühl. Schmetterlinge, Kribbeln? Wer weiß schon, wie es andere nennen. Es kommt wie ein Schlag, irgendwoher, und durchströmt den ganzen Körper. Nichts wäre leichter zu fragen als: „Hey, bist du neu hier, ich habe dich hier noch nie gesehen?“ Ein Gespräch anfangen, und schauen, wie es sich weiter anfühlt, aber nein, das wäre ja zu einfach.

Zeitgleich ertönt auch die innere Stimme. Die Stimme, die immer bei diesen Gelegenheiten die Wichtigkeit dieses Augenblickes hervorheben muss und laut brüllt: „BAU JETZT BLOSS KEINE SCHEISSE, BUNBURY, DIE SACHE IST JETZT MAL WIRKLICH WICHTIG, WEHE DU VERSAUST DAS WIEDER!" Sie meint es sicherlich gut, diese Stimme und man hört auf sie und fängt an kompliziert zu denken. „Ja, mach jetzt bloß alles richtig“. Doch gleichzeitig zweifelt man natürlich auch, weil diese Stimme genauso klingt wie die, die im Casino sagt: „Setz alles was Du hast auf die 27!“ oder „Ach Quatsch, der Eisberg ist nicht so groß, halt voll drauf zu“.

„Hi, was möchtest Du denn?“, fragt sie und muss nachfragen, weil man sich bei dem Wort Kaffe tatsächlich zweimal verhaspelt hat. Schließlich verlässt man den Laden mit diesem irrsinnigen Gefühl.

Ich bin jetzt fast jeden Tag dort, wenn ich Zeit dazu habe.

Leider ist der ihr Dienstplan unregelmäßig, so dass ich nicht sagen kann, an welchen Tagen sie dort ist. Dienstag und Freitag wäre zum Beispiel super, aber nein. Es ist mir auch nicht gegeben, den Laden wieder zu verlassen, wenn sie nicht da ist. Ich denke, das könnte komisch wirken. Also trinke ich seitdem dort regelmäßig Kaffee. Wenn ich mittags Zeit habe, bestelle ich mir auch immer noch was zu essen dazu. Leider ist die Auswahl nicht allzu ergiebig, und so langsam, ich muss es einfach mal ganz deutlich formulieren, kann ich das Dreckszeug nicht mehr sehen. Schon bei dem Gedanken wird mir elend, na ja, zumindest weiß ich schon, was ich morgen esse und einkaufen muss ich auch nicht. So gesehen wird es auch wirklich Zeit voranzukommen. Sollte sich die Aktion noch lange hinziehen wäre es sicherlich billiger den Laden zu kaufen. Doch wenn SIE da ist, dann bringt mich das auch nicht immer weiter. Entweder ist der Laden zu voll oder sie quatscht gerade mit irgendeinem anderen Idioten oder zwei Freundinnen.

Zu guter Letzt habe ich mir auch noch angewöhnt, dort zu rauchen. Man kann die Zigaretten nämlich einzeln kaufen, zum Tresen latschen und nach einem Ascher fragen...., ja, ich bin wieder im Kindergarten. Schließlich hat mich die Raucherei aber einen kleinen Schritt nach vorne gebracht, denn als ich neulich fragte, waren keine mehr da.

- „Nee leider nicht, aber ich kann hier ja auch schlecht weg und welche kaufen.“, sagte sie.
- „Soll ich los und welche holen?“, fragte ich darauf hin.
- „Das ist ja eine klasse Idee, ich kann das nur nicht entscheiden, aber wenn Du kurz wartest. In fünf Minuten kommt meine Kollegin, die kann das dann machen.“

Ich stand vor ihr am Tresen und es war eigentlich perfekt. Fünf Minuten hätte ich haben können, einfach locker unterhalten, weitere Gäste waren auch nicht im Laden. Aber warum auch. „Ach was soll´s, ich muss ja auch nicht rauchen, mach´s gut“, erwiderte ich und wendete mich dem Ausgang zu. „Ach, Du musst nicht rauchen, na, ich wünsche Dir noch einen schönen Tag“, rief sie mir fröhlich hinterher. Draußen fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren, „Oh Bunbury, Du Vollidiot!“. Also im nächsten Zeitungsladen eine solche erworben und schnell zurück, aber haste was´de kannste. Leider war die Kollegin schon da und der Grund meines schwachsinnigen Verhaltens in der Küche verschwunden.

„Das darf doch nicht wahr sein. Lade sie doch für den Abend auf ein Getränk ein. Das ist doch nun wirklich einfach“, sagte meine Freundin nach meinem Bericht.

„Ich weiß, ich weiß!“.
brittbee - 14. Sep, 19:06

Wenn Sie zu lange zögern steht irgendwann ein bekloppter Typ am Tresen und war einen Tag früher schlagfertig und mutig als Sie udn ist ihr neuer Freund. So enden diese Geschichten zumindest bei den Männern die ich kenne oft. Hat denn Ihre Freundin keinen präziseren Rat? Ich finde, im Laden ansprechen ist schwierig. Passen Sie lieber den Feierabend ab.

MadProfessor - 15. Sep, 11:18

Willkommen im Club

... blöd, ich kenn das zu gut. Und irgendwie ändert sich das nie.
Andererseits, dem Mutigen gehört die Welt und mehr als eine Ablehnung ist ja nicht drin.
Ein Tip: versuche herauszufinden, ob Ihre Freundlichkeit Dir gemeint ist oder ob sie einfach allgemein freundlich ist. Ich hab das letzte Mal auf das falsche Pferd gesetzt und dachte, das liebe Mädel findet mich besonders sympathisch. Ich schrieb Ihr eine EMail, dass ich sie gerne treffen würde - mit dem Ergebnis, dass sie zuerst die EMail ignorierte und später schrieb, dass sie das nicht so gut finden würde.
Ich sehe sie seitdem trotzdem öfters (eine Arbeitskollegin) und es schmerzt immer ein bisschen, das Kribbeln vergeht einfach nicht.

Bunbury - 22. Sep, 00:59

Der Club dürfte wohl so einige Mitglieder haben. Werde aber das Gespräch suchen und schauen was sich daraus ergibt....
arboretum - 15. Sep, 14:31

Seit gestern Abend überlege ich, wie ich, wäre ich eine strahlende Bedienung mit schöner Stimme in einer Coffee Bar, von einem gutaussehenden Mann wie Ihnen angesprochen werden wollte. Mir fällt nur partout nichts Tolles ein. Aber vielleicht brauchen Sie auch gar nicht sonderlich originell, sondern einfach nur freundlich-interessiert sein, um sie in ein erstes Gespräch zu verwickeln (und dann immer wieder, dann fällt es wahrscheinlich auch leichter, sie irgendwann für den Abend auf ein Getränk einzuladen). Was macht sie eigentlich, wenn sie nicht im Café arbeitet? Gibt es auch Zeiten, zu denen der Laden nicht so voll ist?

brittbee - 15. Sep, 15:49

Einfach mal ein kleines Blümchen mitbringen. Ohne Einladung. Nur, weil sie die Lieblingskellnerin ist. Dann denkt sie schon mal über Sie nach. Und dann...

Don Alphonso - 15. Sep, 23:37

Und dann was? Diese einfachen Lösungen haben immer einen Haken - meist den, dass sie nicht funktionieren. Weil es das falsche Blümchen ist. Weil man der 35. an dem tag ist, der was trinken will. Was ein echtes Problem ist, vorsichtig gesagt.
Bunbury - 22. Sep, 00:37

Mit dem Blümchen ist eine Spur zu heftig, also nicht grundsätzlich, sondern in dieser speziellen Situation. Im vollen Laden überreichen? Und was für eine? Schwierig, ein weites Feld. Ich könnte natürlich mit einer Rose zwischen den Zähnen zum Tresen robbben und....Die Blumen kann ich erst bringen, wenn ich SIE besser kenne.
burnston - 16. Sep, 15:13

Die Kirche würd ich auch noch ein wenig im Dorf lassen. Das mit dem einfach ansprechen ist eh eine Großstadtmär. Lassen sie sich von einem Rhetorikchef (seht her, so geht Eigenlob) wie mir gesagt sein: nicht mit der Tür ins Haus fallen, originell sein und sich erstmal ins Gedächtnis der Holden rufen. Sie haben 8 Wochen, die Uhr tobt, äh, läuft.

Bunbury - 22. Sep, 00:29

Die Vorgehensweise kommt mir auch sinnvoll vor.
Aber die 8 Wochen, äh, was haben die zu bedeuten? Wisses Sie mehr als ich? Sie sind auch manchmal dort und kennen die Frau? Sie zieht nicht in 8 Wochen nach New York, oder?
moccalover - 16. Sep, 16:47

Gemessen an ähnlichen Erlebnissen - ich bekenne aufrichtig Schwäche für Servierpersonal - müsste ich mich Experte nennen dürfen, aber angesichts der dabei erzielten Erfolge dürfen Sie mir ruhig Stümper sagen. Habe jedenfalls mit Ihnen mitgefühlt und mitgelitten. Vieles wurde nun schon gesagt: Ja, es ist wichtig, dass man sich zunächst fragt, ob die Freundlichkeit wirlich Ihnen als Herr Bunbury Himself, und nicht Ihnen als Kunde gilt. Schliesslich sind diese Leute ja dafür bezahlt, die Kundschaft lieb zu behandeln, und dazu tummeln sich gerade in coolen Bars und Cafés häufig Bediener/innen, die man halt als oberflächliche Frohnaturen taxieren muss. Im Weiteren muss man wissen, dass zumeist die heiligeiserne Regel gilt, dass das Personal nicht mit der Kundschaft flirten darf. Warum? Der Chef will kein Gerede, und er will vor allem, dass die jeder einzelne Kunde (männlich) meint, die Servierdame hätte gerade an ihm besondere Freude. Wenn das da in Ihrem auserwählten Lokal auch gilt, dann können Sie natürlich baggern, bis nicht nur Ihre Fingernägelränder schwarz sind. Also rät es sich, das Ganze irgendwie wegzuverlagern und das Gespräch im Lokal selber unverfänglich zu halten. Sonst wird sie vielleicht nur schon wegen eben erwähnter Regel blocken. Schliesslich: Natürlich gewinnt immer, wer anspricht; zumindest eine Erkenntnis. Das ist nicht sarkastisch gemeint, man kann dabei nichts falsch machen, ausser man überlegt zu viel. Und in dieser Beschreibung der sich bekämpfenden Gedanken und Gegengedanken hat mir dieser Text besonders gefallen. Tun Sie es, vertrauen Sie auf Ihre Eloquenz, die wird Sie nämlich nicht vollständig im Stich lassen, und wenn auch noch ein kleiner Teil übrig ist, dann reicht das. Als ich das letzte Mal sowas wagte (das war zum Glück in einer Stadt weit weg von meiner, das enthemmt merklich), bot ich der Dame am Trexen geradeweg meine e-Mail an, als ich das Lokal verliess. Falls sie mal Lust auf den Tabak hätte, nach dessen Herkunft sie mich beim vierten Kaffee gefragt hatte, könnte sie mir ja schreiben. Sie stellte sich erfreut vor, ich mich dann auch, und sie sagte, sie würde mir "diese Woche noch" schreiben. Sie hat nie geschrieben. Mich stört nur, dass sie gelogen hat.

P.S. ich drücke meine Daumen :-)

Bunbury - 22. Sep, 01:20

Ja, so sind sie. Und irgendwo steht eine kleine/große Schachtel, die gefüllt ist mit Zettelchen voller Telefonnummern /Mailadressen.
Modeste - 22. Sep, 10:22

Und vor der Teedose sitzt eine Frau und wühlt alle paar Jahre betrübt in den paar Zetteln, weil alle ihre Freundinnen ganze Badewannen mit Interessenten füllen könnten, und nur sie nicht.
arboretum - 21. Sep, 00:35

Sie sind schon wieder so still. Bedeutet das, dass Sie wieder da sind, wo es das gute Eis gibt? Oder haben Sie sie inzwischen angesprochen und vor lauter Glück zu zweit keine Zeit mehr zum Bloggen?

Bunbury - 22. Sep, 00:23

Angesprochen ja, aber nur einen Kaffee bestellt und eigentlich noch keinen Schritt weiter. Die Arbeit steht mir bis zur Unterlippe und verschiedene Fristen wetten schon gegen mich. Sehr ärgerlich, doch wird es hoffentlich am Wochenende mehr geben....
neo-bazi - 26. Sep, 12:01

Kneif sie einfach mal in den Hintern,

wenn sie günstig steht. Wenn sie dir dann eine klatscht, ist das Eis gebrochen. (Im Norden funktioniert das manchmal noch, in München z.B. weniger)

Bunbury - 27. Sep, 16:17

So und nicht anders...

mache mich gleich auf den Weg, ein wirklich guter Vorschlag!

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Die Summe von all dem ergibt das "Warten auf den Tod".
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