Mittwoch, 14. September 2005

Ansprechen!

„Ich würde ja zu gerne mal erfahren was in den Köpfen der Männer so vorgeht, wenn sie eine Frau ansprechen oder eine Frau kennen lernen wollen?“, fragte mich letztlich eine sehr gute Freundin. Sie ist seit geraumer Zeit wieder Single und wird eigentlich immer von den „Falschen“ angesprochen, so findet sie.

„Und ein paar lächeln mich an, wirken sehr nett, aber tun einfach nichts, ich meine, ich kann sie als Frau doch nicht ansprechen, oder? Was soll ich tun, außer zurück zu lächeln“, fragte meine Freundin weiter und schlürfte an ihrem Kakao. „Was würdest Du tun, wenn Dich eine Frau anspräche, würdest Du das nicht komisch finden? Das ist doch wohl ganz klar eure Aufgabe!“, fuhr sie weiter fort. - Tja, was sollte ich dazu sagen. Grundsätzlich finde ich es immer gut, wenn Frauen Initiative zeigen und Männer ansprechen. Ich finde es weder komisch, noch falsch. Von einer Bekannten erfuhr ich, dass sie grundsätzlich Angst hat, von Männern angesprochen zu werden und sich dieser Situationen versucht, immer schnell zu entziehen. Dabei sucht sie einen Mann und bedauert ihr verhängnisvolles Verhalten zutiefst.

Was in den Köpfen der Männer vorgeht ist natürlich einzelfallabhängig, und so konnte ich ihr am besten von meinem eigenen „aktuellen Problem“ erzählen:

In der Nähe meiner Wohnung ist eine Kaffeebar zu der ich weiter keinen Bezug hatte, als dort gelegentlich Kaffe und Zeitungen zu konsumieren. Bis zu dem einen Tag, an dem SIE dort war. Sie schwebte hinter dem Tresen und kassierte gerade Geld für einen Kaffee, als ich den Laden betrat. Sie strahlte mich an und sagte einfach nur „Hallo“, das war’s. Ein wunderbares Strahlen und eine wunderschöne Stimme. Und zum ersten Mal seit langer Zeit war da mehr als nur einfach nett, hübsch, sympathisch. Es war dieses nicht in Worte zu fassende, seltene, schöne, aufwühlende Gefühl. Schmetterlinge, Kribbeln? Wer weiß schon, wie es andere nennen. Es kommt wie ein Schlag, irgendwoher, und durchströmt den ganzen Körper. Nichts wäre leichter zu fragen als: „Hey, bist du neu hier, ich habe dich hier noch nie gesehen?“ Ein Gespräch anfangen, und schauen, wie es sich weiter anfühlt, aber nein, das wäre ja zu einfach.

Zeitgleich ertönt auch die innere Stimme. Die Stimme, die immer bei diesen Gelegenheiten die Wichtigkeit dieses Augenblickes hervorheben muss und laut brüllt: „BAU JETZT BLOSS KEINE SCHEISSE, BUNBURY, DIE SACHE IST JETZT MAL WIRKLICH WICHTIG, WEHE DU VERSAUST DAS WIEDER!" Sie meint es sicherlich gut, diese Stimme und man hört auf sie und fängt an kompliziert zu denken. „Ja, mach jetzt bloß alles richtig“. Doch gleichzeitig zweifelt man natürlich auch, weil diese Stimme genauso klingt wie die, die im Casino sagt: „Setz alles was Du hast auf die 27!“ oder „Ach Quatsch, der Eisberg ist nicht so groß, halt voll drauf zu“.

„Hi, was möchtest Du denn?“, fragt sie und muss nachfragen, weil man sich bei dem Wort Kaffe tatsächlich zweimal verhaspelt hat. Schließlich verlässt man den Laden mit diesem irrsinnigen Gefühl.

Ich bin jetzt fast jeden Tag dort, wenn ich Zeit dazu habe.

Leider ist der ihr Dienstplan unregelmäßig, so dass ich nicht sagen kann, an welchen Tagen sie dort ist. Dienstag und Freitag wäre zum Beispiel super, aber nein. Es ist mir auch nicht gegeben, den Laden wieder zu verlassen, wenn sie nicht da ist. Ich denke, das könnte komisch wirken. Also trinke ich seitdem dort regelmäßig Kaffee. Wenn ich mittags Zeit habe, bestelle ich mir auch immer noch was zu essen dazu. Leider ist die Auswahl nicht allzu ergiebig, und so langsam, ich muss es einfach mal ganz deutlich formulieren, kann ich das Dreckszeug nicht mehr sehen. Schon bei dem Gedanken wird mir elend, na ja, zumindest weiß ich schon, was ich morgen esse und einkaufen muss ich auch nicht. So gesehen wird es auch wirklich Zeit voranzukommen. Sollte sich die Aktion noch lange hinziehen wäre es sicherlich billiger den Laden zu kaufen. Doch wenn SIE da ist, dann bringt mich das auch nicht immer weiter. Entweder ist der Laden zu voll oder sie quatscht gerade mit irgendeinem anderen Idioten oder zwei Freundinnen.

Zu guter Letzt habe ich mir auch noch angewöhnt, dort zu rauchen. Man kann die Zigaretten nämlich einzeln kaufen, zum Tresen latschen und nach einem Ascher fragen...., ja, ich bin wieder im Kindergarten. Schließlich hat mich die Raucherei aber einen kleinen Schritt nach vorne gebracht, denn als ich neulich fragte, waren keine mehr da.

- „Nee leider nicht, aber ich kann hier ja auch schlecht weg und welche kaufen.“, sagte sie.
- „Soll ich los und welche holen?“, fragte ich darauf hin.
- „Das ist ja eine klasse Idee, ich kann das nur nicht entscheiden, aber wenn Du kurz wartest. In fünf Minuten kommt meine Kollegin, die kann das dann machen.“

Ich stand vor ihr am Tresen und es war eigentlich perfekt. Fünf Minuten hätte ich haben können, einfach locker unterhalten, weitere Gäste waren auch nicht im Laden. Aber warum auch. „Ach was soll´s, ich muss ja auch nicht rauchen, mach´s gut“, erwiderte ich und wendete mich dem Ausgang zu. „Ach, Du musst nicht rauchen, na, ich wünsche Dir noch einen schönen Tag“, rief sie mir fröhlich hinterher. Draußen fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren, „Oh Bunbury, Du Vollidiot!“. Also im nächsten Zeitungsladen eine solche erworben und schnell zurück, aber haste was´de kannste. Leider war die Kollegin schon da und der Grund meines schwachsinnigen Verhaltens in der Küche verschwunden.

„Das darf doch nicht wahr sein. Lade sie doch für den Abend auf ein Getränk ein. Das ist doch nun wirklich einfach“, sagte meine Freundin nach meinem Bericht.

„Ich weiß, ich weiß!“.

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