Manche Lieder

treffen einen wie Blitze, sie kommen wie Brechstangen daher und öffnen bisher unbewältigte Geschichten, nicht zu Ende gebrachte Gedanken, verdrängte Erinnerungen, die bisher in gut verschlossenen Kisten tief im Unterbewusstsein vor sich hin moderten. Dort sollten sie bleiben, die Kisten, die die Verdrängungen beherbergen, über die doch nie wieder gesinnt werden sollte.
Immer und überall kann es kommen, Beschallung ist immer gegenwärtig und vorbereitet ist man ja ohnehin nie. Plötzlich spielen sie „unser Lied“, „das Lied“, ein ganz bestimmtes Lied eben.
Man sitzt alleine in einem Taxi, lässt sich durch das nächtliche Berlin fahren, betrunken und da kommt „es“. Glücklich sei der, dem die Bitte an den Taxifahrer, den Sender zu wechseln, schneller aus dem Mund schießt als Tränen in die Augen. Dennoch ist er jetzt da, der an das Lied gefesselte Augenblick, nur wenige Takte reichen aus und schon erflimmern die Bilder längst vergangener Zeiten, lassen sich nicht mehr Aufhalten, auch wenn die Musik schon nicht mehr spielt. Glückliche Stunden, Tage, Monate, Jahre. Vertraute Stimmen, lachende, weinende. Hervorgeschnellt kommen sie, Hand in Hand mit den Gefühlen jener Zeit, reißen einem den Boden unter den Füßen weg, ziehen einen in eine noch schwärzere Nacht. Die Kindersicherung verhindert eine unschöne Flucht.
caliente_in_berlin - 9. Nov, 00:10

Ich wurde heut von genau dem Blitz getroffen...deshalb häng ich jetzt auch hier...trotz aller Vorsätze heut mal rechtzeitig ins Bett zu gehen...da war das Lied...und nun ist da diese Erinnerung...schön aber auch schmerzlich...süß und bitter zugleich. Ein Auge lacht und erfreut sich an den gemeinsam erlebten Sachen, das andere weint und sehnt sich zurück. Hach...Wo kann man Gedanken abschalten???

Bunbury - 9. Nov, 00:29

Abschalten klappt nicht...kommt immer wieder...ganz großer Mist.
Au-lait - 9. Nov, 09:43

Noch heute habe ich einige meiner ehemaligen Lieblingslieder für einige Zeit verbannt, weil sie auf Knopfdruck Erinnerungen wiedererwecken an Situationen, die einst so wahnsinnig einprägsam und großartig waren und die im Rückblick schmerzen, weil sie vom Vergangenheitsamt gepfändet wurden und ein großer "War einmal"-Aufkleber draufgepappt wurde. Auch mich drängt's manchmal fast zur Flucht, wenn ich einige sehr spezielle Lieder in anderen Situationen höre. Mit der Zeit habe ich mir den Großteil aber zurückerobert. Ich kann doch meinen Erinnerungen nicht meine sämtlichen Lieblingslieder überlassen... :)

Mit Gerüchen und Düften funktioniert's bei mir im Übrigen nahezu genauso.
engl - 9. Nov, 16:06

düfte sind am schlimmsten. die tauschen auch auf, wenn sie gar nicht da sein können. hirnimmanent sozusagen.
Bunbury - 11. Nov, 03:10

Ja, mit Gerüchen klappt es bei mir auch entsprechend, obwohl die dadurch hervorgerufenen Erinnerungen eigentlich nur bizarr sind, zum Glück. Einer ist zum Beispiel der Geruch von Anis, bei dessen Wahrnehmung mir ein Abend hochkommt, der sich wirklich gewaschen hatte. Mit einer Freundin, die sich gerade von ihrem Freund trennte und Ouzo.
Au-lait - 9. Nov, 17:03

olfaktorische Phantomschmerzen? :)

brittbee - 9. Nov, 17:58

Oh ja...

wer kennt das nicht?

Bunbury - 11. Nov, 03:09

Ein doch wirklich einprägsames Statement.
andiberlin - 9. Nov, 19:27

Es gibt ein Lied, das mir einen großen Schwall an Erinnerungen ins Hirn schießt. Zwar habe ich dieses Lied noch nie im Radio gehört, trotzdem glaubt mein inneres Ich, mich ständig an diesen einen Song erinnern zu müssen. Das ist wahrlich grausam!

Bunbury - 11. Nov, 03:08

Entkommen ist da ja wohl leider unmöglich, wahrlich nicht leicht.

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