Mittwoch, 24. August 2005

Die Waschmaschine ist bei meiner Ex und das ist auch gut so

Vor geraumer Zeit haben wir uns getrennt, meine Freundin und ich, nach sieben Jahren, einvernehmlich.Von Zeit zu Zeit seh ich die Alte gern, wir haben sogar ein ausgesprochen gutes Verhältnis. Ich bin schließlich auch der Typ, der ihr nachts noch French Toast zubereitet oder das Abflussrohr des Waschbeckens abmontiert, um ihre Kontaktlinse zu retten. Letztendlich sehen wir uns sogar öfter als manche der uns bekannten Paare, die wiederum unser Verhältnis zueinander seltsam finden. Jedenfalls hat meine Ex nun die Waschmaschine und ich regelmäßig einen Berg schmutziger Wäsche. „Und wenn Du die Waschmaschine benutzen möchtest, kannst Du das jederzeit tun,“ sagte meine Ex noch. Also packe ich, wenn Not am Mann ist, den ganzen Kram in Koffer und Taschen und schleppe Sack und Pack über die Straßen. Allerdings ist es vom Helmholtzplatz zur Kastanienallee auch nicht sehr weit.

Ich habe eine Zeitlang, zumindest meine Oberhemden, zu einer Reinigung am Alexanderplatz gebracht. Sie ist mit der U2 ja auch sehr gut zu erreichen. Dabei war das Hinbringen auch kein Problem, nur der Rückweg regelmäßig äußerst unangenehm. Da sich der Weg ja auch
lohnen sollte, habe ich immer fast meinen gesamten Bestand an Hemden dort hingebracht. Bügeln kann ich zum einen nicht, zum anderen stehen Aufwand und Ertrag in einem zum Kopfschütteln ermunterndem Verhältnis. Die Reinigung am Alex nimmt für ein Hemd, gebügelt und auf dem Bügel hängend, einen Euro, da kann man nicht meckern. Obwohl ich glaube, die Hemden werden zum Bügeln nach Polen gebracht. Was mir ja Wumpe ist, nur der Benzinverbrauch bereitet mir Skrupel, dennoch, der Wagen würde ohne meine Hemden ja auch fahren. Wenn ich dann aber meine Hemden nach 3 Tagen abholen kann, ist es natürlich unmöglich, sie in Tüten zu packen, wäre ja totaler Quatsch und sehr schade um die Bügelei.

Standen Sie schon einmal mit 25 Hemden, beide Arme schwer bepackt, gegen sechzehn Uhr am Alexanderplatz und warteten auf die U2? Ich kann nur davon abraten. Ungläubige, bisweilen feindliche Blicke, Getuschel, Aggressionen. Von allen angestarrt zu werden. Ich fing ganz furchtbar an zu schwitzen und konnte nicht mal meine Stirn abwischen, Hemden können ganz schön schwer werden, und diese
Hitze. „Das sind gar nicht meine Hemden, ich hab ´ne Ich-AG und liefere den Kram nur aus, läuft super, schauen sie mich an!“, ist man versucht zu schreien. Die Angst vor die Bahn gestoßen zu werden. Aber meine Hemden mit dem Taxi nach Hause bringen...ausgeschlossen, obwohl - nein, geht wirklich nicht. Das ist mir zu blöd, soll ich die Hemden auf den Beifahrersitz legen oder an den Haltegriffen aufhängen? Eine Reinigung in nächster Nähe ist mir hier nicht bekannt und Waschsalons, da bin ich vielleicht auch etwas eigen, finde ich ekelig. Wer weiß schon, was da vorher in der Trommel lag und meine Hemden mitübelstem Zeugs kontaminiert.

„Ach Bunbury, Deine Wäsche, mein ganzes Badezimmer ist wieder vollgestopft und ich würde ja selbst auch mal gerne wieder waschen, Du kannst Deinen Krempel gefälligst abholen“, so meine Ex, dann immer leicht gereizt. „Aber wenn Du schon da bist können wir ja
auch was zusammen essen, was hältst Du von Tom Kha Gai?“ Essen, finde ich immer super.

„Na, wieder Wäsche?“, so mein ehemaliger Nachbar und guter Freund, der noch im alten Haus wohnt und mir im Treppenhaus entgegenkommt. „Jetzt kauf Dir doch mal eine eigene Waschmaschine, würde ich echt nicht aushalten, bekommst Du denn wenigstens wieder was Leckeres zu Essen?“ „Yep, Tom Kha Gai, und Waschmaschinen kaufen ist genauso langweilig wie Wachmaschinen selbst!“ (Hier ein Aufruf an alle Designer: Kommt schon Leute, da geht doch noch was!) Das stelle ich mir zumindest so vor, denn wissen kann ich das natürlich nicht. Vielleicht ist es ja auch ganz toll und man könnte Gefallen darin finden. Mitden Verkäufern fachsimpeln, alle Modelle abchecken....
Wenn ich schon Geld für Blödsinn ausgeben muss, dannwenigstens richtigen Blödsinn. Einmal hatte ich mich durchgerungen eine Waschmaschine zu kaufen, und da war der entsprechende Betrag zwar auch ausgegeben, doch eben nicht für eine Waschmaschine. Irgendeine unsinnige Verlockung ruft ja immer lauter und natürlich macht ein iPod, den ich eigentlich schon aus Prinzip nicht kaufen wollte, mehr Spaß als eine blöde Waschmaschine.

Früher oder später ist es sicherlich soweit, dann muss mir wirklich noch eine zulegen. Allerdings ist dabei zu bedenken, dass mein Dasein als Single irgendwann ein Ende nehmen wird. Wahrscheinlich hätten wir dann zwei Waschmaschinen, und das ist doch erst recht
unvernünftig. Besser ist es da doch noch ein wenig abzuwarten, oder? Nebenbei bemerkt: Ich suche keine Frau mit Waschmaschine!
Natürlich könnte meine Ex auch einen Neuen haben, ob der sich aber so tolerant zeigen würde, wie ich es an seiner Stelle bestimmt nicht wäre? Ein Härtetest, eine Herausforderung. „Tach, Bunbury meine Name, ich bin ihr Ex und wasch´ hier. Machs Dir mal nicht zu
gemütlich, ich komme in zwei Stunden wieder und häng die Wäsche auf und vielleicht hau ich mich noch kurz in die Badewanne, ich
glaub´, da is´ ne zünftige Erkältung im Anmarsch!“

„Wie - der ist dagegen, ich darf nicht mehr waschen? Ach das gibt´s doch nicht. Von den ganzen Leuten hier in Berlin musstest Du Dir natürlich den größten Spießer aussuchen, na ja. O.K., und wie sieht es mit Nutzung der Badewanne aus?“

Na, warten wir erstmal ab. So ist es immer sehr klasse. Wir reden und lachen viel, nach all der Zeit der Beziehung ist es jetzt wieder sehr entspannt und schön. Dazu leckeres Essen und auch noch saubere Wäsche.

Und da soll ich mir eine eigene Waschmaschine kaufen?
Vorerst nicht.

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